150 Kündigungen und ein Privatjet – Wenn Effizienz zur Ausrede wird
- jonafoerster
- 4. Aug.
- 2 Min. Lesezeit

Ein CEO entlässt 150 Mitarbeitende per Videoanruf, ersetzt sie teilweise durch KI – und steht dabei in seiner Villa, während im Hintergrund ein 75-Millionen-Dollar-Jet parkt. Das ist keine Filmszene, sondern Realität bei Atlassian, einem der bekanntesten Softwareunternehmen der Welt.
Mike Cannon-Brookes, Mitgründer und CEO, begründet die Entscheidung nüchtern: Die betroffenen Stellen – vor allem im Kundenservice – seien durch KI überflüssig geworden. Und sein Co-Founder legt nach: Australien müsse seine Urheberrechte überdenken, damit KI ungehindert Daten nutzen kann. Produktivität sei eben wichtiger als Besitzstandswahrung.
Was mich daran stört, ist nicht primär die Entscheidung an sich. Dass KI bestimmte Aufgaben effizienter übernehmen kann, ist kein Geheimnis. Dass Unternehmen sich strukturell anpassen, ist logisch – manchmal sogar notwendig. Was mich stört, ist die Doppelmoral, mit der hier argumentiert wird.
In der offiziellen Kommunikation heißt es, man habe „mit Herz und Balance“ gehandelt. Man spreche von Empathie, während man Menschen durch Systeme ersetzt, die weder Mitgefühl noch Verantwortung kennen. Und man rechtfertigt Entlassungen mit „Produktivitätsgewinnen“, während man selbst in Luxus investiert, den kein normaler Angestellter je betreten wird.
KI ist kein Problem. Zynismus ist eins.
Ich beschäftige mich täglich mit der Frage, wie wir KI sinnvoll in Wirtschaft und Gesellschaft integrieren können. Ich glaube an Automatisierung, an datenbasierte Optimierung und an neue Geschäftsmodelle, die auf echter Intelligenz beruhen – menschlicher wie maschineller. Aber ich glaube auch, dass Technologie kein Ersatz für Haltung ist.
Kundensupport ist oft der menschlichste Berührungspunkt zwischen Unternehmen und Kunden. Wer dort KI einsetzt, muss mehr bieten als Effizienz – nämlich Transparenz, Fehlerkultur und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, wenn etwas schiefläuft. Wer stattdessen nur Zahlen verschiebt und Menschen ersetzt, weil „es sich rechnet“, verliert auf lange Sicht Vertrauen.
Ich frage mich, was Unternehmen eigentlich erreichen wollen, wenn sie alle menschlichen Reibungspunkte entfernen. Ein glatter Prozess ohne Emotion, ohne Widerrede, ohne Kontext? Klingt effizient – und gleichzeitig wie eine perfekte Vorbereitung auf Relevanzverlust. Denn auch Kunden merken irgendwann, wenn hinter der Fassade niemand mehr zuhört.
Mein Fazit: KI ist kein Sparprogramm. Sie ist ein Werkzeug. Und wie wir sie einsetzen, sagt am Ende mehr über unsere Werte aus als über unseren Code.
Wer Menschen durch Maschinen ersetzt, sollte nicht von Empathie sprechen. Sondern ehrlich sein.Und wer sich einen Privatjet leistet, während andere die Kündigungsmail lesen, sollte keine moralischen Floskeln bemühen. Sondern besser schweigen.



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